Pepes Bar ist kaum
wiederzuerkennen. Salvador hat den ganzen Tag gewerkelt, ich habe mit
Katharina, die den Service übernehmen will, alles geputzt und Zuckerschnäuzchen
kam auch ein paarmal vorbei, um beim Streichen und Einrichten zu helfen. Den
Kreuzschlitzschraubenzieher braucht Salvador jetzt unbedingt, um irgendwas in
der Küche zu reparieren. Aber … um Himmels willen, woher kommt denn dieser
Qualm? Es brennt! Mein Café brennt!
Das Herz schlägt mir bis
zum Hals, als ich auf das Schilf zustürze, hinter dem sich das Café verbirgt.
Kaum dass ich um die Ecke gebogen bin, entdecke ich Paul, der auf der Terrasse
steht und wie verrückt bellt. Als er mich sieht, springt er auf mich zu. Aus
der offenen Tür quillt dichter weißer Qualm. Mein Gott!
„Salvador! Katharina! Wo
seid ihr?“
Ich muss husten. Dann erkenne ich Salvadors
Silhouette, die mir aus dem Rauch entgegenkommt. „Gracias a Dios! Dir ist nichts passiert!“, stoße ich hervor.
Doch er winkt nur ab,
verdreht ein bisschen die Augen und geht an mir vorbei auf die Stufen der
Veranda, wo er sich in aller Seelenruhe eine Zigarette anzündet.
Irritiert mache ich einen
Schritt ins Café und wedele mit den Händen herum, um den Qualm zu vertreiben.
Nein, es riecht nicht verbrannt, sondern nach … Indien … einem Tempel … Kurz
bin ich verwirrt.
„Was ist denn hier los?“,
rufe ich in den Nebel.
„Grundgütiger! Da sind ja
Hunderte von alten Seelen!“, kommt es aus dem wabernden Grau zurück.
„Katharina!“
Schemenhaft löst sich eine
stattliche Gestalt aus dem Dunst. Tatsächlich, Katharina. Ihre Hochsteckfrisur
lässt sie noch ein bisschen größer erscheinen und der dicke Wollpulli mit dem
Rollkragen noch ein bisschen üppiger. Unwillkürlich muss ich an den Spitznamen
denken, den mein Zuckerschnäuzchen ihr gegeben hat: Mutter Erde.
Ich schnappe mir einen
Putzlumpen, um den Brandherd zu ersticken. Nur – wo ist der? Vielleicht in der
Küche?
„Hör sofort auf, mit
diesem nassen Lappen rumzuschlagen!“, ruft Katharina und streckt die Arme vor.
Jetzt sehe ich, dass sie
ein Schälchen in der Hand hält. Aus dem es qualmt. Ich lasse den Putzlumpen
sinken. „Was ist das?“, frage ich misstrauisch.
„Echtes Palo Santo aus
Peru! Vom Schamanen geweiht, natürlich“, sagt Katharina mit Ehrfurcht in der
Stimme, während es aus dem Schälchen weiter raucht.
Ich muss husten und frage
mich, was dieses Heilige Holz in meinem Café verloren hat. „Katharina, mach
sofort dieses stinkende Zeug aus und …“
„Bist du verrückt?“, fällt
sie mir ins Wort. „Willst du etwa all diese armen Seelen, die hier seit
Jahrzehnten hausen, in deinem Café haben?“ .... weiterlesen ...